Ausgebremst

Ich zucke zusammen. Sein Motor dröhnt laut durch die Baustelle. Ich tuckere mit den vorgeschriebenen 60 Sachen auf der rechten Spur, als links die Streifen eines Sportwagens vorbei rauschen. Er hinterlässt eine Staubwolke.

Dieses Bild wirkt noch lange in mir. Derzeit läuft es bei mir nicht so schnell. Mein Leben hat mich gezwungen, ne Pause einzulegen. Später schreibe ich an den Raser auf der Autobahn.

Ausgebremst

Du hast gewonnen
Die Führung übernommen
Dein Motordröhnen 
Soll meine Langsamkeit verhöhnen

Ras’ bitte nicht meinetwegen
Ich kann gut damit leben
Dass du mich abhängst
Ich bin gerade ausgebremst

Bin momentan ne Schnecke
Weil ich defekt auf der Standspur stecke
Ich geb dir mein Go
Leb’ mein Leben in Slow Mo’

Bin momentan ne Schnecke, weil ich defekt auf der Standspur stecke

Auf der Überholspur
Geht der Tank schneller leer
Fährst du nur nach Stoppuhr
Kannst du schneller nicht mehr

Wer ist der Schnellste?
Wer sich im Affentempo laut präsentiert?
Oder wer sich in Betrachtung der Schönheit verliert
Der Affe ist schnell auf der Palme
Die Schildkröte kaut genüsslich Halme

Wer ist der Stärkere?
Am Ende bestimmt
Nicht wer die meisten Kämpfe gewinnt
Sondern wer die meisten Niederlagen übersteht
Er weiß, wie er nach dem Schlag aufrecht geht

Vergleiche machen nicht satt
Materialismus macht schlapp
Ich weiß, dass der Bauer
Mehr Eier als der Manager hat

Vergleich dich bitte nicht meinetwegen
Ich kann gut damit leben,
Dass du mich abhängst
Ich bin gerade ausgebremst

Aufgewirbelter Staub
Verdeckt den Blick in die Sonne
Deshalb bleibe ich stehen
Um klar zu sehen

Ich putze die Brille
Spül mir die Augen
Ich will nicht mehr Dreck
Sondern Schönheit aufsaugen

Die Zeit sie rennt 
Doch wer nach hinten sieht
Weiß dass dort die Vergangenheit gemütlich liegt

Aufgewirbelter Staub
Verdeckt den Blick in die Sonne
Deshalb bleibe ich stehen
Um nach hinten zu sehen

Ich will im Windschatten fahren
Um Energie zu sparen
Es setzt mich nicht schachmatt
Die Nase vorn ist als erste platt

Ras’ bitte nicht meinetwegen
Ich kann gut damit leben,
Dass du mich abhängst
Ich bin gerade ausgebremst

Oben auf dem Treppchen
Kannst du nicht lange stehn
Auf dem Gipfel ist Luft häufig dünn
Es lohnt nicht, auf andere herab zu sehn

Gewinnen um jeden Preis
Schneller
Höher 
Weiter
Was soll der Scheiß?

Wollen andere gerne Rennen fahrn: 
Bitte! Ich muss die Energie gerade sparn
Wenn andere an mir vorüber schießen
Will ich Brille putzen und weiter genießen

Die Zeit rennt
Doch wer langsam geht
Sieht, dass langsam Neues entsteht
Wer ist reicher?
Der mit viel Geld im Sack?
Oder wer Spaß am Leben hat?

Vergleich dich bitte nicht meinetwegen
Denn ich kann gut damit leben,
Dass du mich abhängst
Ich bin gerade ausgebremst

Die Zeit rennt
Ich krieche hinterher
Warnblinker auf Standspur

Ich winke dich vorbei
Lange genug war ich vorne dabei
Grad hab ich nen Platten
Reparatur angeraten

Die Abgehängte hängt jetzt ab
Während ich schöne Träume am Standstreifen hab
Bist du schon lange angekommen
Aber ich hab für mich den Moment gewonnen

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

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