Deutscher Flüchtling

Das hier ist ein altes Gedicht. Ich habe es am 4. August 2019 gepostet. Aber es ist immer noch aktuell. Es geht um Rassismus im Internet. Es ist mir noch nicht oft passiert, dass mir ein eigenes Gedicht Gänsehaut macht. Aber es war so!

Hier der Originaltext aus dem Beitrag:

„Seit einiger Zeit beobachte ich, wie sich Menschen aus meinem Freundeskreis verändern. Wenn ich soziale Netzwerke öffne, gibt es immer mehr Aufrufe, bestimmten Menschen gegenüber keine Toleranz zu zeigen. Ich bin traurig, habe lange überlegt, wie ich diesem Phänomen begegne. Ich bin nicht besonders politisch, aber ich habe etwas, das ich gerne teile: Empathie. Schnell rausgehauene Posts verändern nichts. Deshalb jetzt ein langer Brief in Gedichtformat an diese Menschen. Teilt es, zitiert es. Gerne! Aber bitte mit Quellenangabe. Denn es war viel Arbeit… Das ist nur mein persönlicher Eindruck, auch meine Art, das zu verarbeiten. Alles ist von mir, bis auf ein Satz: „Die Liebe vertreibt die Furcht“ Den habe ich aus der Bibel 😉 (1. Joh 4,18) Ich wünsche fröhliches Nachdenken. Und keine Hetze in den Kommentaren. Egal von welcher Seite. Lasst eure Herzen berühren. Das ist mein ehrlicher Wunsch.“


Deutscher Flüchtling


Im eigenen Land verfolgt von Angst
Sorge treibt dich an
Dein kaltes Herz schlägt um sich
Die zugeschnürte Kehle
verwahrt den Kloß sicher im Hals
„Ich hab Angst! Bitte hilf mir!“
Der Lebensschrei
Im Hals erstickt
Der Gedanke, der alles bestimmt
„Wer trägt die Schuld?“
Dein Spiegelbild weiß
Dein Feindbild schwarz
Fremde Menschen
Unbekannte Bedrohung
Wo du hinschaust siehst du schwarz
„Der will mir was! Ich bin als nächstes dran!“
Du schreist und strampelst
Angst lähmt dich
Die Liebe hast du aufgegeben


Monster aus fernen Ländern rauben dir den Schlaf
Auf der Suche nach Sicherheit
gehst du online
Ein Flüchtling auf der Suche nach Heimat
Kuschelstunde in der Filterblase
Die Angst vor der Welle aus Afrika
lässt sich am besten durch surfen überwinden
„Hey Google! Finde den Schuldigen!
Den untätigen Politiker! Den kriminellen Fremden!“
In sozialen Netzwerken
säst du asoziales Gedankengut
Empathie auf Null
Hass auf Hundert
Der Hammer im Kopf
Formt Worte mit Gewalt
„Hallo Welt! Ist da jemand
der sich mit mir gegen die bösen Fremden stellt?“


Deine Ohnmacht verurteilt Mächtige
„Der hat Schuld! Der muss was tun!
Schmeißt alle raus! Dann bin ich sicher!“
Hass vermehrt sich
„Gefällt mir!“
Der Chor der Verzweifelten
stimmt in dein Hasslied ein
Es hallt durch die Täler der digitalen Welt
„Gefällt mir!“
Hände tippen sich in Rage
Substanz spielt keine Rolle
Je hohler der Kommentar
desto lauter das Echo
Was andern gefällt
ist das was zählt

Wer bist du?
„Ich bin bedroht!“
„Bei mir bist du sicher!“
Laut schreit der Mann am Pult
Die Klappe aufgerissen
für verschlossene Tore
„Das Böse steht an der Grenze!
Vater-Land! Tu doch was!
Verriegle die Tür!
Egal, wohin ich schaue, die Nacht ist schwarz!“

Sehnsucht nach dem Papa, der fragt
„Was machst du da, mein Kind?
Warum tust du anderen weh?“
Sie flüchten aus Angst
genau wie du
Zieh die Hassfratze ab
Zeig dein schönes Gesicht
Wahre Liebe vertreibt die Furcht

Deine Lieblingsfarben sind
Schwarz wie Wut
Rot wie Zorn
Gelb wie Neid
Gib die Wut auf
verwandele sie in Trauer
Gib den Zorn auf
verwandle ihn in Liebe
Gib den Neid auf.
Dann wird dein Herz strahlen wie Gold

Kein Unbekannter stiehlt dein Glück
Du selbst hast es aufgegeben
Heils-Versprecher und Hassverbreiter
versprechen dir neues
Du bist einer von ihnen geworden
Such dein Glück in kleinen Dingen.
Teile es.
Dann wirst du mit einem Lächeln einschlafen.
Ein schwarzes Herz will alles dunkel machen.
Aber wenn du im Innern weiß bist
Dem Unbekannten die Hand reichst
Dann wirst du erkennen
dass Schwarz auf der Haut nicht abfärbt
Ein Gefängnis hat verriegelte Türen
Ein Zuhause nimmt dich auf
Möge es dich in seine Arme schließen
Deutscher Flüchtling

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

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