Die Vergangenheit ist wie ein Kind, das mich fangen will. Je mehr ich ihr versuche, ihr davon zu laufen, desto mehr versucht sie, mich einzuholen. Dieses Bild kam mir im April 2022 in den Kopf und ließ mich nicht mehr los.
Ich schrieb darüber. Schließlich begann ich, das Vergangenheitskind zu malen. Über einen Zeitraum von sechs Monaten entstand das Bild. Es heißt „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ Es gab viele Wochen, in denen ich nicht weitermalen konnte. An manchen Tagen, pinselte ich das Gemälde kaputt, wenn ich mich daran versuchte, weil ich viel zu verkrampft war. Jetzt habe ich die Arbeit beendet. In mir arbeitet das Bild trotzdem weiter.
Was würde die Vergangenheit sagen, wenn ich mit ihr spräche? Ich habe genau hingehört und unseren Dialog aufgeschrieben. Ich muss sagen, sie ist mir jetzt richtig ans Herz gewachsen.
Hinter mir
„Ich hab dich! Komm spiel mit mir!“,
spricht die Stimme in meinem Verstand.
Dann fasst sie plötzlich meine Hand:
„Ich war schon immer dicht hinter dir.“
„Wer bist du? Hab ich dich schon mal gesehen?
Du bist noch ein Kind und hier allein?
Solltest du nicht zu Hause sein?
Du kommst mir bekannt vor, muss ich gestehen.“
Da lacht das Kind: „Ich bin du vor einiger Zeit.
Du kannst nicht ständig vor mir fliehen
Ich bin alles, was dir im Leben geschehen
Ich bin deine Vergangenheit.
Warum bist du so irritiert?
Ich hole dich überall ein
Du kannst gar nicht ohne mich sein
Es gibt keinen, der ohne mich funktioniert“
„Ich bin durch mein Leben gerannt
Wollte auf Zukunft vorbereitet sein
Da plötzlich holtest du mich ein
Dass du auch hier bist, habe ich nicht geahnt.“
„Warum kannst du das nicht verstehen?
Es gibt kein Sein ohne das was war
Ich war von der ersten Sekunde an da.
In die Zukunft können wir nur gemeinsam gehen.“
„Ich konnte dich nicht ansehen
Dabei habe ich dich sehr vermisst
Du willst nicht, dass man dich vergisst?
Dann lass mich lernen, dich zu verstehen.“
„Ich wie bin ein Kind, das fangen spielt
Wenn du versuchst, vor mir zu fliehn
Will ich noch stärker zu dir hin“
„Hab dich!“, rief sie als sie mich am Ärmel hielt.
„Wie wolltest du Fortschritte ohne mich machen?
Ohne mich konntest du nicht entstehen
Gegenwart und Zukunft könntest du nicht verstehen
Du kannst von mir lernen und über mich lachen.“
„Ich hab dich verdrängt, hatte Angst vor dir
Jetzt weiß ich, wie wichtig du bist
Dass keine Zukunft ohne Vergangenheit ist
Wenn ich nach vorne geh, stehst du hinter mir.“
(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de
Berührend. Dankeschön, Ramona!
Danke! Freut mich, wenn es dir gut getan hat.