Weihnachtlich improvisiert

Alle Jahre wieder schaffe ich es nicht, mich weihnachtlich zu fühlen. Das ist nicht schlimm.
Denn für mich ist Alltag etwas zutiefst Weihnachtliches. Diese Behauptung ist nicht besonders theologisch fundiert und komplett aus der Winterluft gegriffen, gewürzt mit etwas Erfahrung und der Weihnachtsgeschichte aus der Bibel. Trotzdem möchte ich dabei bleiben und sie sogar noch begründen.

„Heute habe ich wieder einmal ein paar Tage meines Adventskalenders hintereinander gelesen. Die vergangenen Tage waren einfach zu voll. Wie soll Frau sich zwischen kranken Sohn, Hausaufgaben, Brille für die Tochter, Weihnachtsfeiern, Einkaufen, Weihnachtsbaum besorgen und Rückenschmerzen des Ehemannes noch auf Advent konzentrieren?“ 

Diese Zeilen stammen aus einer Nachricht, die ich jemandem geschrieben habe. Sie bringen mich zurück auf den Gedanken, der mich in diesem Jahr nicht loslässt: Alltag ist weihnachtlich.

Advent bedeutet Ankunft. Das heißt also, ich bereite mich auf Weihnachten vor. Ich muss mich also gar nicht weihnachtlich fühlen, denn das Fest kommt ja erst noch. 
Maria und Josef machen sich auf den Weg nach Bethlehem. Der Grund ist eine Volkszählung. Josef ist dort geboren und soll dort gezählt werden. Als er mit seiner hochschwangeren Frau den Weg antritt, verschwendet er sicher keinen Gedanken an romantische Vorstellungen von Jesu Geburt. In Bethlehem angekommen, findet er nicht mal einen für eine Geburt angemessenen Unterschlupf. Stattdessen muss er sich mit einem Stall abfinden. Hier finde ich den nächsten Hinweis: Stallgeruch ist weihnachtlich, Hinterlassenschaften von Tieren und Not-Optionen sind es auch. Keine lang geplanten Urlaubsreisen, keine sauberen Hotels oder geputzte Wohnungen finde ich hier. Nicht mal einen Baum hatten die. 
Die Reise nach Bethlehem war eine Notwendigkeit. Josef war von Staats wegen gezwungen worden, den Weg auf sich zu nehmen. Diese Nicht-Option hat Gott genutzt, um seinen Plan zu erfüllen, dass Jesus in der Stadt Davids geboren werden sollte. 
Notwendigkeiten und Zwänge gehören also mitten in den Advent. Mich tröstet das, besonders deshalb, weil ich gerade erst eine Woche voller Not-Optionen hinter mir habe. Mein Mann und ich hatten uns auf vier Vormittage ohne Kinder gefreut. In Ruhe Weihnachten vorbereiten, Zweisamkeit, in Ruhe liegengebliebene Arbeiten erledigen. Die Nachmittage wollte ich mit meinem Buchprojekt verbringen. Pustekuchen. Stattdessen Homeschooling wegen Glatteis an Tag 1. Ab Tag 2 des herbeigesehnten Urlaubs fiebern drei Kinder und der Mann. Also erledige ich sicherheitshalber die Weihnachtseinkäufe.
Wenn ich in die Bibel schaue, auf das Vorbild aller Weihnachtsfeste, kommt es aber noch dicker. 
Jesus liegt in Windeln gewickelt in einer Krippe. Im Stall. Bestimmt ein super Ort, um Besuch zu empfangen. Ironischerweise stellen wir genau diese Szene heute nach.

Hätten Maria und Josef gewusst, dass wir als Familie noch Jahrhunderte später in jedem Jahr die Stallszene mit Playmobil Figuren nachstellen und dies weihnachtlich finden, hätten sie vielleicht laut gelacht. 

Hätten Maria und Josef gewusst, dass wir als Familie noch Jahrhunderte später in jedem Jahr die Stallszene mit Playmobil Figuren nachstellen und dies weihnachtlich finden, hätte er vielleicht laut gelacht. 
Klar, jetzt kommen noch Engel, Sterndeuter, Geschenke und all die Dinge dazu, die Weihnachten letztendlich festlich werden lassen. 
Aber auch ohne all das wäre Weihnachten da gewesen. Der Kern des Festes ist das Kind. Wer einmal ein Neugeborenes Baby im Arm gehalten hat, kennt das: Das Chaos mag toben, aber für die Eltern steht die Welt still. Alle Blicke richten sich auf das Kind. Kind und Mutter sind wohlauf, alles andere ist egal. Windeln und Krippe interessieren nicht. Die frisch gebackene Familie nutzt, was vor Ort ist, um sich einzurichten. Der Blick richtet sich aber auf das frisch entstandene Leben.
Das beruhigt mich. Wir stehen also mit unserem improvisierten Weihnachten in guter Tradition. Ich empfinde es als durchaus realistisch unter den gegebenen Umständen zu behaupten, Alltag sei etwas zutiefst Weihnachtliches. Weihnachten ist, wenn wieder alles anders läuft als geplant.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

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