Weihnachtsfreude auf Knopfdruck 

Wochenlang Gerenne statt Besinnung, Reizüberflutung statt Stille Nacht. Doch als ich den Lichtschalter drücke, kommt die Weihnachtsfreude.

Sorgen drückten auf mein Gemüt, stellenweise liefen die Tränen ununterbrochen. Im Funktionsmodus Kostüme für’s Krippenspiel besorgen, Plätzchenteig für den Schulbasar kneten, Geschenke kaufen, Weihnachtsbaum schmücken. Mein Hauptgedanke während der Fest-Vorbereitungen: „Ich brauche Pause!“ Wenn dann die ersehnte Pause kam, kreisten die Gedanken, die Tränen flossen. Die Hoffnung auf Weihnachtsfreude hatte ich  aufgegeben. 

Alles bereit

Die Kinder sind schon aus dem Haus, ein Engel, ein Hirte, ein Schaf mit meinem Mann unterwegs zum Krippenspiel. Ich werde gleich folgen, aber ich habe keine Lust. Aussicht auf schreiende Kinder, Menschenmengen und einen vollgestopften Raum. Ich muss meinen Fluchtreflex sehr unterdrücken, um dorthin gehen zu können.
Was mich zieht, ist die Neugierde einer Mutter. Wie werden meine Kinder das Krippenspiel meistern? Wie werden sie aussehen in ihren Kostümen? Meine Tochter hat wochenlang viel Text gelernt, um den Hauptengel zu spielen. Das darf ich nicht verpassen! Mir bleiben noch 30 Minuten bis der Trubel losgeht. Schnell räume ich ein paar Sachen weg, schalte den Weihnachtsbaum ein und gönne mir ein kleines bisschen Wimperntusche. Das reicht mir heute zur Festlichkeit. Ich scanne noch einmal den Raum, halte inne. Der kurze Blick bringt eine überraschende Erkenntnis: Es ist alles bereit.

Mit dieser Gewissheit drücke ich das Deckenlicht aus. Weihnachtsfreude überfällt mich, als ich den Schalter umlege.

Ich tanke den Frieden aus den verlassenen Gassen. Hier im Bild: die alte Vogtei Burbach.

Licht mit dem Herzen sehen

Während ich die Schuhe anziehe, spüre ich eine Verwandlung. Das aufgeregte Gefühl des Heiligabendaufbruchs aus Kindertagen ist zurück. Wie eine alte Bekannte begleitet mich die Weihnachtsfreude auf dem Fußweg zum Gottesdienst. Es ist, als könnte ich die Lichterketten mit dem Herzen sehen. 

Ich atme tief ein und tanke den Frieden aus den verlassenen Straßen. Ich hoffe, dass er für das Krippenspiel reicht. einmal einatmen, dann schlängele ich mich durch die Menschen bis zur Garderobe. Mitten im Gewühl werde ich zum zweiten Mal überrascht: Ich fühle Weihnachten anders als sonst. Ich sehe meine Kinder als Engel, Hirte und Schaf. Ich denke daran, wie hart dieses Jahr war, wie viel Stress wir hatten. Nichts davon ist gerade zu spüren. Ich sehe, wie großartig meine Tochter den Text gelernt hat. Ich sehe meine tollen Jungs, wie sie die Szenerie bereichern. Alle stehen um die Krippe, bestaunen das Jesuskind. Da ist es wieder – das Gefühl, Licht mit dem Herzen zu sehen. Familie angesichts des Jesuskindes. Dankbarkeit und Stolz erfüllen mich. So geht Weihnachten. 

Die Weihnachtsfreude ist bei mir geblieben. Sogar während des Abwaschs. Es hat definitiv klick bei mir gemacht. Ich bin dankbar für den Lichtschalter. Heute gab er mir Weihnachtsfreude auf Knopfdruck. 

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich stimme der Datenschutzerklärung zu

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

error: Das Bild ist urheberrechtlich geschützt!