Sternstunde

Unschuldig funkeln die Sterne am Ende eines schweren Tages. Mit einem Gemisch aus Neid und Bewunderung schaue ich zu ihnen hoch.

Sie schweben über allem, strahlen himmlisch – unabhängig von ihrem Befinden. Ich hingegen kann meinen Zustand gerade noch nicht mal als irdisch bezeichnen, unterirdisch trifft es eher. Ich bin in den Garten gegangen, weil meine Seele einen Fluchtvorgang gefordert hat. In meinem Kopf trifft gerade Gedankenhack auf Gefühlssoße. Alles in mir schreit: „Zu viel! Zu viel!“

Jetzt liege ich barfuß in unserer Liegeschaukel. Das Rauschen des Bachs und der Wind in meinen Haaren lösen nach und nach das Gebrüll in meinem Inneren ab. Mein Blick klebt an der dunklen Kulisse über mir. Der wolkenlose Himmel gibt den Blick auf unzählige Sterne frei. Aber waren es nicht eben noch weniger? Es beginnt bei mir zu dämmern, dass der Nachthimmel gerade eine Botschaft schickt: 

Je länger ich hinschaue, desto mehr Sterne entdecke ich.

Das Gute zeigt sich bei genauem Hinschauen.
Um es zu erkennen, muss ich mir Zeit nehmen: hinschauen, hinspüren, hindenken.
immer mehr Sterne gehen an meinem schwarzen Himmel auf. Gott hat mir die Fähigkeit gegeben, Kleinigkeiten zu entdecken, Bienen und Hummeln im Lavendel zu beobachten, mich in Details zu verlieren. Ich kann mich von ihnen so sehr faszinieren lassen, dass ich für einen Augenblick sogar vergesse, mir Sorgen zu machen. Ich kann genau hinschauen und immer mehr Schönes entdecken. Ich beschließe, das jetzt sofort umzusetzen.

Eine Sternschnuppe!
Plötzlich durchkreuzt zart und strahlend eine schmale Linie die schwarze Bildfläche. Meine kindliche Begeisterung darüber ist grenzenlos. Ich habe eine Sternschnuppe gesehen!  Ich genehmige mir etwas Aberglauben und wünsche mir etwas. Etwas, dass wie eine Sternschnuppe mein Leben erhellt hat und mir im Moment fehlt. Und nein, ich verrate es nicht, denn wenn schon abergläubisch, dann konsequent. Sonst geht der Wunsch nämlich nicht in Erfüllung ;-). Mein abergläubischer Zustand ist allerdings flüchtig. Ich möchte das „aber“ wegstreichen und mich wieder meinem Glauben zuwenden. So bleibt die Botschaft: Es lohnt, manchmal von mir weg zu schauen und zu warten, was der Himmel mir zu sagen hat. Denn je intensiver ich mich auf die kleinen Lichter konzentriere, desto heller erstrahlt meine Nacht.

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

Mehr Alltagsgeschichten gibt es in meinem Buch „Funkelflocken“, erschienen im Neukirchener Verlag.

2 Antworten auf „Sternstunde“

  1. Liebe Ramona,

    Ich wünsche dir viele erhellende Momente, wenn du nachts an den Himmel schaust. Die Sterne haben uns tatsächlich etwas zu sagen: Nämlich, dass wir klein und unscheinbar sind, das Universum dagegen nahezu unendlich groß. So groß jedenfalls, dass wir es nicht fassen können mit unserem kleinen Verstand.
    Und by the way: Alle Sterne, die wir mit unseren Augen sehen können, gehören zu unserer Milchstraße. Alles, was weiter weg ist, können wir nur durch Teleskope sehen, wenn überhaupt.

    1. Hallo Heiko,
      danke für deine Wünsche und deinen Kommentar. Ich finde es so faszinierend, was ich durch die Beschäftigung mit der Erde und dem Weltall
      über mich lernen kann.

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