Durch die Hecke

Ich kann nicht reiten. Trotzdem habe ich in den letzten Wochen einen unglaublichen Ritt hingelegt. Manchmal fühlt es sich an, als hinge ich unfreiwillig auf einem galoppierenden Pferd fest. Es geht also weiter, auch wenn ich gerade nicht mehr mag. Ich muss mich irgendwie oben halten, sonst läuft mir mein Alltag davon. 

Hier ist die Tür zum schwarzmalerischen Depri-Text. Dazu habe ich keine Lust. Ich will es gerade lieber bunt malen. Pflichten in den Müll, Schwarze Brocken runter reißen, in die Ecke werfen. Es wäre so seltsam, wenn immer alles gut liefe. 

Das Leben hat mich mit all seinen Ecken und Kanten erwischt. Klar, ich habe darauf gar keine Lust. Keine Lust mehr auf Termine. Keine Lust mehr auf Arztbesuche. Keinen Bock auf schlechte Nachrichten aus der Schule. Keine Energie für Probleme. Kein Ohr für Streitereien.

Pause in der Sackgasse

Ich bin durch die Hecke, schlage mich durch Büsche, durch einen Urwald aus Formularen, Terminen, Diagnosen und Arbeit. Immer wieder stehe ich plötzlich vor undurchdringlichem Dickicht. Die Erkenntnis dabei ist: Ich muss mich nicht durch jede Hecke schlagen. Ich kann mich auch hinsetzen, schreiben, Kaffee trinken, innehalten und Bibel lesen. In diesen wenigen kurzen Momenten passiert Erstaunliches: Ich beschreibe Hecken und Zäune. Mache es mir so gemütlich wie es geht. Genieße, wie die Sonne trotzig ihr Licht durch alle Unwegsamkeiten auf mich scheinen lässt. Ich höre in mich hinein und schaue mich um. Dann sehe ich plötzlich, dass ein Weg hierher führt. Der, den ich schon gegangen bin. Der, den ich auf unerklärliche Weise frei geschaufelt und geebnet habe. 

Ein Hauch von Selbstbewusstsein überfällt mich. Es klopft leise an mein Hinterstübchen an und flüstert: „So weit bist du gekommen. Auch da wird du durch kommen.“ Das Leben ist nicht schwarz, es ist bunt. Es hat keinen Sattel und keine Zügel. Es ist wild und schlecht einzuschätzen. Ich kann nicht reiten. Das ist auch gar nicht nötig. Ich steige auf, lasse mich tragen und genieße den Wind. Nur für diesen kurzen Moment. Ich halte ihn fest und atme ihn ein. Die Hoffnung hat mich wieder. So entsteht eine Reserve für atemlose Momente.

(c) Ramona Eibach, www.funkelflocke.de

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